Die Rückzugsplanungen mittelständischer Unternehmerinnen und Unternehmer in Deutschland nehmen Fahrt auf, wie das aktuelle Nachfolge-Monitoring Mittelstand von KfW Research zeigt. Allein in der kurzen Frist bis zum Ende des laufenden Jahres 2024 planen rund 224.000 Inhaber und Inhaberinnen im Mittelstand ihren Rückzug und streben dabei an, das Unternehmen in die Hände eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin zu legen (gemessen ab dem Erhebungszeitpunkt der Befragung im Frühjahr 2023).
© Statistics Transparency Company lizenzfreie Stockillustration. Kostenlos zur Nutzung I pixabay.com – Download 08.03.2024
Nachfolgewünsche im Mittelstand legen zu. Jährlich streben 125.000 Inhabende eine Nachfolgelösung an.
Die aktuellen Zahlen des Nachfolge-Monitorings Mittelstand machen deutlich, dass mehr und mehr Unternehmerinnen und Unternehmer sich aktiv mit dem Thema Nachfolge auseinandersetzen. So stieg der Anteil von Unternehmerinnen und Unternehmer, die grundsätzlich eine Nachfolgeregelung anstreben, in den vergangenen sechs Jahren von 35 auf 41 %. Für einen strukturellen Aspekt ist das eine vergleichsweise starke Veränderung in relativ kurzer Zeit. Die absehbare demografische Entwicklung legt nahe, dass Schwierigkeiten zunehmen werden, geeignete Nachfolgekandidaten zu finden: Die nachfolgenden Generationen sind aufgrund anhaltend niedriger Geburtenziffern zahlenmäßig kleiner, das Gründungsinteresse allgemein und die Anzahl potenzieller Gründerinnen und Gründer seit vielen Jahren auf einem absteigenden Pfad.
„Die ‚Nachfolgelücke‘ im Mittelstand wächst“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Wir sprechen jetzt schon von rund 125.000 Unternehmen, die nach dem Wunsch der aktuellen Inhabergeneration übergeben werden sollen – und das jedes Jahr. Der demografische Wandel lässt die Zahl älterer Inhaber und Inhaberinnen, die sich mit Nachfolgegedanken tragen, zunehmen. Bereits jetzt ist jeder Dritte von ihnen mindestens 60 Jahre alt, das sind weit mehr als eine Million. Gleichzeitig fehlen aber mögliche Nachfolger und Nachfolgerinnen, was die Hürden und Anforderungen für die Senior-Generation erhöht. Daher ist es erfreulich, dass der Planungsstand der derzeitigen Inhabenden zuletzt so gut war wie nie zuvor. Die Zahl der bereits geregelten Nachfolgen erreicht einen Höchststand“, so Köhler-Geib.
Nicht jeder Inhaber sucht einen Nachfolger: Bis zum Ende des Jahres 2024 – ein Zeitraum für den die Einschätzungen als verlässlich gelten können – hegen rund 3 % bzw. 97.000 aller Inhabenden im Mittelstand bewusst Stilllegungspläne, entweder als einzig denkbaren Weg oder zumindest als ernsthaft erwogene Option. Dieser Wert hat sich zum Vorjahr etwa halbiert.
Fragt man nach den Gründen, warum ein Unternehmen stillgelegt statt an einen Nachfolger übergeben wird, so liegt das Fehlen eines Interessenten oder einer Interessentin innerhalb der Familie mit 63 % unter den Gründen weit vorn, mit einem Plus von 13 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahresmonitoring. Im Gegensatz dazu steht der weiterhin ausgeprägte Wunsch der aktuellen Inhabergeneration, die Nachfolge innerhalb der Familie zu regeln. Familieninterne Unternehmensnachfolgen sind nach wie vor die beliebteste Nachfolgevariante, 57 % der Altinhaber wünschen sich, das Unternehmen in die Hände eines Familienangehörigen zu legen. Ein Verkauf des Unternehmens an Externe ist mit 43 % weniger präferiert, ebenso wie die Nachfolge durch Beschäftigte des Unternehmens (28 %) oder einen Miteigentümer (21 %).
Schwierigkeiten bei der Nachfolgesuche dürften zunehmen
Den Auswertungen des Nachfolge-Monitorings Mittelstand 2023 liegt das KfW-Mittelstandspanel als zentrale Datenquelle zugrunde. Das KfW-Mittelstandspanel wird seit dem Jahr 2003 als Wiederholungsbefragung der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland durchgeführt.
Zur Grundgesamtheit des KfW-Mittelstandspanels gehören alle privaten Unternehmen sämtlicher Wirtschaftszweige, deren Umsatz die Grenze von 500 Mio. EUR pro Jahr nicht übersteigt. Mit einer Datenbasis von bis zu 15.000 Unternehmen pro Jahr stellt das KfW-Mittelstandspanel die einzige repräsentative Erhebung im deutschen Mittelstand und damit die wichtigste Datenquelle für mittelstandsrelevante Fragestellungen dar. Durch die Repräsentativität für sämtliche mittelständische Unternehmen aller Größenklassen und Branchen in Deutschland bietet das KfW-Mittelstandspanel die Möglichkeit, Hochrechnungen auch für Kleinstunternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten durchzuführen. Das KfW-Mittelstandspanel steht auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Rahmen von Forschungskooperationen zur Verfügung.
Durchgeführt wird die Befragung von der GfK GmbH, im Auftrag der KfW Bankengruppe. Wissenschaftlich beraten wurde das Projekt vom Zentrum für Europäische Wirtschafsforschung (ZEW) in Mannheim. Der Befragungszeitraum der Hauptbefragung der 21. Welle des KfW-Mittelstandspanels lief vom 06.02.2023 bis zum 16.06.2023. In der 21. Welle haben sich 11.328 mittelständische Unternehmen beteiligt.